Beweglichkeitstraining ist sehr vielfältig.
Deshalb möchte ich dir in diesem Artikel die wichtigsten Varianten vorstellen. Außerdem wirst du eine Ahnung davon bekommen, welches Beweglichkeitstraining für dich und deine Ziele am Geeignetsten ist.
Zusätzlich gibt es auch wieder ein neues Mobility Workout mit Video für dich.
In der Sportwissenschaft unterscheiden wir grundsätzlich im Beweglichkeitstraining in zwei große Bereiche: Dynamische und statische Methoden.
[quote author=”Christopher Anrich”]Unter Beweglichkeit versteht man die Fähigkeit, Bewegungen in bestimmten Gelenken und in der Wirbelsäule innerhalb anatomischer, biomechanischer und neurophysiologischer Zusammenhänge mit großer Amplitude ausführen zu können.[/quote]
In diesen beiden Varianten gibt es dann auch noch einige Untergruppen, auf die wir jetzt genauer eingehen.
Und es gibt vielversprechende neue Ansätze, die ich dir auch nicht vorenthalten werde.
Statisches Dehnen
Beim statischen Dehnen wird eine Dehnstellung eingenommen und diese für einen bestimmten Zeitraum (meist 10 bis 60s) gehalten.
In der Regel kommt es nach etwa 10 Sekunden Dehnung zu einer Spannungsminderung, so dass die Dehnposition leicht erweitert werden kann.
Es sollte ein spürbares „Ziehen“ in der Muskulatur zu spüren sein, aber keine Schmerzen! Bei einem Schmerzgefühl kommt es zu einer reflektorischen Muskelaktivität, die der Dehnung entgegenwirkt.
Die Key Facts zum statischen Dehnen:[icon_list icon=”info-circled”]
- Die Verletzungsgefahr ist auf Grund der kontrollierten Bewegungen minimal.
- Der Dehnungsreflex wird nicht ausgelöst.
- Der Muskeltonus wird gesenkt und die Methode eignet sich daher gut nach dem Training.
- Du kräftigst bei manchen Methoden (aktiv-statisch) auch gleich den Gegenspieler des Muskels, den du dehnen möchtest.[/icon_list]
Aktiv-statische Dehnung
Die aktiv-statische Dehnung erfolgt durch die Anspannung des Gegenspielers (Antagonisten). Also des Muskels, der dem Muskel, den du dehnen möchtest, entgegenwirkt.
Die (isometrische) Kraft des Gegenspielers bestimmt somit die Intensität der Dehnung.
Passiv-statische Dehnung
Die Einnahme der Dehnstellung erfolgt bei dieser Methode durch eine externe Krafteinwirkung (Partner, eigene Hände, Erhöhung).
Im deutschen Sprachraum ist diese Variante auch als Dauerdehnung und Stretching bekannt. 🙂
Es ist somit auch die im Breitensport am häufigsten angewendete Dehnmethode. Du kennst sie sicher.
Dazu nimmst du langsam (innerhalb von 5 Sekunden) eine Dehnposition ein und hältst diese Position über 10 bis 60 Sekunden.
Innerhalb des Stretching haben sich weitere Varianten entwickelt.
Der Easy Stretch, bei dem du die Dehnposition nur so lange beibehältst, bis das Spannungsgefühl leicht abnimmt.
Der Development Stretch, bei dem du die Dehnung verstärkst, wenn das Spannungsgefühl nachlässt und diese Position dann für weitere 10 bis 30 Sekunden aufrecht hältst.
Der loaded Stretch, bei dem du ein Gewicht zur Hilfe nimmst, und so die Dehnung verstärken kannst.
Contract-Relax Methode
Du spannst dabei den zu dehnenden Muskel unmittelbar vor der Dehnung maximal (isometrisch) an.
Dadurch wird eine so genannte Eigenhemmung des Muskels erzielt, wodurch du ihn im Anschluss leichter dehnen kannst.
Antagonist-Contract Methode
Bei maximaler Kontraktion des Antagonisten wird der Agonist in seiner Aktivität reflektorisch gehemmt, so dass er der Dehnung eine geringere Spannung entgegensetzt.
Das heißt, wenn du beispielsweise deine Oberschenkelrückseite dehnen möchtest, spannst du davor kurz deine Oberschenkelvorderseite maximal an und gehst dann erst in die Dehnung.
Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF)
Hört sich erstmal ziemlich kompliziert an, was meinst du? 😉
Ganz ehrlich: Ist es auch. Dafür brauchst du Erfahrung und einen Trainingspartner.
Diese Methode umfasst drei Grundtechniken: Halten-Entspannen, Anspannen-Entspannen sowie Halten-Entspannen-Anspannen.
Du beginnst dein PNF-Stretching mit der Übung Halten-Entspannen, bei der du das zu dehnende Körperteil mit Hilfe deines Trainingspartners in eine passive Dehnstellung bringst. Dabei solltest du einen leichten Dehnschmerz spüren.
Im nächsten Schritt drückst du isometrisch (also ohne, dass du dich dabei bewegst) gegen den Widerstand deines Trainingspartners. Bleibe dann etwa sechs Sekunden in der Position und entspanne danach für 30 Sekunden.
Weiter geht es mit der Übung Anspannen-Entspannen, bei der du das Körperteil einmal mehr in eine passive Dehnstellung bringst. Drücke dabei etwa zehn Sekunden lang gegen den Widerstand deines Trainingspartners. Er sollte dabei gegenüber Halten-Entspannen etwas nachgeben, so dass deine Gliedmaßen in ihre normale Position zurückkehren können. Danach entspannst du jeweils 30 Sekunden lang.
Du beendest dein PNF-Stretching mit Halten-Entspannen-Anspannen. Diese Übung entspricht der ersten Ausführung (Halten-Entspannen), wird allerdings vor der 30-Sekunden-Ruhepause mit einer weiteren Anspann-Einlage zugespitzt.
Bei allen Übungen solltest du nicht übertreiben: Ein milder Dehnungsschmerz reicht vollkommen aus!
Die Key Facts zur PNF:[icon_list icon=”info-circled”]
- Diese Methode setzt einiges an Übung voraus.
- Kann dir dann aber gute Erfolge bringen, wenn es darum geht, deine Beweglichkeit zu erhöhen.[/icon_list]
Dynamisches Dehnen
Hier nimmst du zunächst eine submaximale Dehnposition ein und versuchst dann, mit federnden Bewegungen, sukzessiv die maximale Dehnposition zu erreichen.
Achtung: Die federnden Bewegungen musst du mit geringer Geschwindigkeit und in kleinem Ausmaß durchzuführen!
Die Key Facts zum dynamischen Dehnen:[icon_list icon=”info-circled”]
- Diese Methoden setzen einiges an Übung voraus.
- Die inter- und intramuskuläre Koordination wird geschult;
- Die komplexen Bewegungen erfordern eine entsprechende neuromuskuläre Steuerung, die durch die zahlreichen Bewegungswiederholungen jedes Mal neu gebahnt wird.
- Durch die dynamische Belastung ist eine vermehrte lokale Durchblutung der Muskulatur und somit ein erhöhter Aufwärmeffekt zu verzeichnen.[/icon_list]
Aktiv-dynamisches Dehnen
Die federnden Bewegungen werden hier von deinem Antagonisten – also dem Muskel, der dem zu dehnenden Muskel entgegenwirkt – initiiert.
Bei fast allen Sportarten ist eine dynamische Beweglichkeit notwendig und keine statische. Daher hat diese Beweglichkeitstraining Variante einen hohen sportartspezifischen Praxisbezug.
Passiv-dynamisches Dehnen
Die federnden Bewegungen werden hier von deinem Partner durchgeführt.
Es handelt sich hier um eine Beweglichkeitstraining Variante, du du in der Praxis nur einsetzt, wenn du eine Sportart professionell betreibst, die hohe Beweglichkeit erfordert. Zum Beispiel Turnen, Synchronschwimmen, etc.
Denn: Diese Methode erfordert eine hohe Kompetenz des Partners!
Zwischenfazit
Du hast jetzt die unterschiedlichen Methoden des klassischen Beweglichkeitstrainings kennen gelernt.
Wenn du vertiefend in die Thematik eintauchen möchtest, empfehle ich dir diese umfangreiche Zusammenfassung von Sportstudierenden.
Was aber, wenn es eine Methode geben würde, die allen oben erwähnten überlegen ist?
Zu gut um wahr zu sein?
Nicht unbedingt. Mobility Conditioning kommt diesem Ideal nämlich sehr nahe. 😉
Mobility Conditioning (Joint Mobility)
Darunter kannst du dir eine Bewegungsart vorstellen, bei der ein oder mehrere Gelenke gezielt in ihrem größtmöglichen Bewegungsradius durchbewegt (mobilisiert) werden.
Bewegen bedeutet bei diesem Prinzip jedoch nicht passives und statisches Beweglichkeitstraining wie beim Dehnen oder Stretching. Im Gegensatz zu diesen Methoden wird beim jeweiligen Gelenk durch aktive Muskelkraft und dynamische Bewegungen der größtmögliche Bewegungsspielraum erarbeitet.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch dein zentrales Nervensystem. Du kannst ihm nämlich durch gezielte Bewegungen beibringen, den Bewegungsumfang im Gelenk weiter zu erhöhen.
Ein paar Tipps dazu hat dir Mobility Coach Bernhard Koller schon in diesem Artikel gegeben.
Im Prinzip geht es also darum, den aktiven Bewegungsumfang (AROM = active range of motion) in deinen Gelenken zu erhöhen.
Der Großteil meiner Übungen im Rahmen der Mobility Workouts passen in diese Kategorie.
Strukturelles Dehnen
Eine Methode, die ich dir fast unterschlagen hätte, betrifft das Faszientraining. 🙂
Du kannst es im Rahmen des Mobility Conditioning ohne Geräte, oder aber auch mit zum Beispiel einer Blackroll durchführen.
Viele Tipps zur Blackroll findest du in diesem Artikel: Wie du mit einer Blackroll in 5 einfachen Schritten deinen Masseur arbeitslos machst.
Dein neues Mobility Workout
In diesem 10-Minuten Mobility Workout findest du vor allem Übungen, die deine Brustwirbelsäule mobilisieren und deine Oberschenkelrückseite dehnen bzw. wieder beweglicher machen.
Ich persönlich werde es in Zukunft in mein Warm Up integrieren. 🙂
Beweglichkeitstraining: Das Fazit
Beweglichkeitstraining ist etwas, das du regelmäßig in dein Training einbauen solltest.
Du kannst dabei gezielt auf Schwachpunkte bzw. Muskelverkürzungen und Einschränkungen im Bewegungsumfang eingehen.
Letztendlich besteht das perfekte Beweglichkeitstraining aus Übungen verschiedenster Dehn- und Mobilisierungsmethoden, die auf deine Stärken und Schwächen angepasst sind und dir so den gewünschten Erfolg bringen.
Welche Varianten im Beweglichkeitstraining kennst du noch? Welche führst du in deinem Training regelmäßig aus?
Lass es mich in den Kommentaren wissen! 🙂
2 replies to "Die 9 wichtigsten Methoden im Beweglichkeitstraining und was sie dir bringen (Plus: Mobility Workout)"
Hi Pat,
ein guter Übersichts-Artikel von Dir, der die verschiedenen Tools zur Beweglichkeitssteigerung kurz beschreibt. 🙂
Genau das Thema kommt bei vielen leider meist zu kurz. Selbst ich kann mich davon nicht ganz freisprechen. Dabei ist es wirklich ein wichtiges Thema für das langfristige Wohlbefinden.
Ich gelobe malwieder Besserung! 😉
Viele Grüße
Jahn
Hey Jahn!
Freut mich, wieder von dir zu lesen. 🙂
War zufällig heute wieder auf einer Fortbildung zu dem Thema. Wird sicher in den nächsten Jahren noch größer werden. Bin schon gespannt, wann “Mobility Conditioning” unter den Top 10 der größten Fitnesstrends vom ACSM zu finden ist …
Viele Grüße
Pat